Die neuen iPhone 15 Pro im Test: Alles auf Max

20.09.2023 12:06

Mit seinen neuen iPhone 15 hat Apple vor allem die Pro-Modelle mächtig aufgewertet. Der stern konnte die neuen Geräte bereits testen – und verrät, für wen sie sich lohnen.

Pro – mit diesem Zusatz grenzt Apple seine Highend-iPhones seit dem iPhone 11 von den Einsteiger-Modellen ab. Auch bei den neuen iPhone 15 Pro und iPhone 15 Pro Max hat Apple eine ordentliche Schippe draufgelegt.

Das fängt schon beim Gehäuse an. Statt auf Edelstahl setzt Apple dieses Jahr zum ersten Mal bei einem Smartphone auf Titan. Selbst das iPhone 15 Pro Max fühlt sich im Vergleich sofort leichter an, mehr noch als die knapp 20 Gramm Einsparung auf dem Papier erwarten ließen. Der im Vergleich schlanker gewordene Rahmen liegt mit abgerundeten Kanten wunderbar in der Hand. Zusammen mit den neuen Farbtönen im natürlichen Titanlook und einem schicken neuen Blau wirken die neuen iPhone 15 Pro enorm hochwertig.

Doch das neue Material hat auch über Look und Feel hinweg noch weitere Auswirkungen. Zum einen wird der Rahmen dünner, auch der Rand um das Display schrumpft so noch weiter. Weil auch Wärme über den Rahmen abgegeben werden kann, ist überdies noch mehr Leistung möglich – dazu später mehr. Und: Apple kann nun ein letztes Jahr erstmals eingeführtes neues Innendesign (hier erfahren Sie mehr) auch bei den Pro-Modellen umsetzen. Dadurch lassen sich die Glasrückseite und hinten platzierte Komponenten einfacher reparieren – verbunden mit erheblich geringeren Kosten.

Und Action!

Auch ein einzelnes Element des Rahmens hat Apple neu gedacht. Zum ersten Mal seit der Vorstellung des iPhones 2007 streicht der Konzern bei den Pro-Modellen den Kippschalter für den Stumm-Modus. Stattdessen besitzen iPhone 15 Pro und iPhone 15 Pro Max einen kleinen Druckknopf, den Apple "Action Button" nennt. In der Standard-Einstellung kann man den auch weiter als Stummknopf verwenden.

In der Praxis funktioniert die Taste hervorragend. Da man sie einen Moment länger gedrückt halten muss, kam es im Testzeitraum kein einziges Mal zu Fehleingaben. Aktiviert man sie, erscheint quasi sofort die Kamera-App oder die Taschenlampe schaltet sich ein. Ihre wirkliche Macht entfaltet sie aber, wenn man sie nach den eigenen Vorstellungen belegt.

Dabei ist man für Apples Verhältnisse ungewohnt frei. Schon in den Voreinstellungen stehen mit Taschenlampe, Kamera ­– je nach Wunsch als Video, Foto oder Selfie –, Fokus-Modi oder Sprachmemo viele nützliche Funktionen zur Wahl.

Nutzt man aber die Option, stattdessen einen der sogenannten Kurzbefehle darauf zu legen, hat man schier endlose Möglichkeiten. Die gleichnamige App erlaubt es, weitgehend uneingeschränkt Aktionen zu programmieren – vom direkten Anruf einer geliebten Person, über das Regeln der heimischen Thermostate bis zum automatischen Speichern und Umbenennen von E-Mail-Anhängen. Dass man nun einen dieser Kurzbefehle auf die Aktionstaste legen kann, lässt den "Action Button" zur ersten de facto völlig frei belegbaren Taste eines Apple-Produkts werden. Wer gar keine Lust hat, kann die Taste übrigens auch einfach abschalten.

Endlich Standard

Eine der wichtigsten Neuerungen der neuen iPhones ist eine, die im Rest der Branche längst ein alter Hut ist: Zum ersten Mal setzt Apple bei seinen Smartphones auf den modernen Standard-Anschluss USB-C, den auch iPads und Macbooks seit Jahren unterstützen. Das hat eine sofortige Wirkung im Alltag: Statt ein Extrakabel einpacken zu müssen, nutzt man unterwegs einfach das Notebook-Kabel, wenn der Saft mal ausgeht.

Abseits davon bietet der Anschluss aber völlig neue Möglichkeiten. Die neuen iPhones lassen sich mit entsprechenden Kabeln direkt an Monitore oder Fernseher anschließen und spiegeln dann das Bild. Fotos, Videos und sogar Apps und Spiele lassen sich dann ohne weiteres direkt auf dem großen Bildschirm darstellen. Perfekt für den Filmabend am Hotelfernseher im Urlaub, die Präsentation im Büro oder den Fotoabend mit Freunden.

Beim Pro ist sogar noch mehr möglich. Apple unterstützt hier den USB-3-Standard, erlaubt Datenübertragungen mit bis zu 10 Gbit pro Sekunde. Fotos und Videos fliegen damit geradezu auf die Rechner-Festplatte. Allerdings nur, wenn man das passende Kabel hat. Das mitgelieferte Kabel bietet nur USB-2-Geschwindigkeit. Für die meisten Menschen dürfte das aber locker ausreichen.

Ein neuer Videomodus in besonders hoher Auflösung ist sogar nur nutzbar, wenn man dafür eine externe SSD anbindet. Kein Wunder: Eine ProRES-Aufnahme in 4K-Auflösung mit 60 Bildern die Sekunde verbraucht pro Sekunde knapp 200 Megabyte. Das iPhone wäre also innerhalb kürzester Zeit voll.

Kameras: Alles auf Max

Die Kameras sind – wie so oft – ohnehin eines der großen Highlights der neuen iPhones. Das gilt besonders für die Pro-Modelle: Gleich eine ganze Reihe von neuen Funktionen richten sich explizit an Profis. Auch wenn natürlich die Normalnutzer ebenso davon profitieren können.

Das fängt schon bei den Fotos an. Zum ersten Mal bietet Apple die Option, die Brennweite der Kamera-App zu ändern. Tippt man auf den 1x-Zoom, wechselt der Button die Ansicht und man kann sich zwischen den unterschiedlichen Looks einer 28mm-, 35mm- oder 24mm-Linse entscheiden. Zusammen mit den Zoom-Modi bieten iPhone 15 Pro und Pro Max so sieben verschiedene Brennweiten.

Für den Alltag der meisten Nutzer dürfte aber ein anderes Feature noch relevanter sein, das auch die Standard-Modelle des iPhone 15 bekommen: Die neuen iPhones speichern bei Fotos von Menschen und Tieren automatisch die Tiefendaten – und erlauben es so, nachträglich einen Porträt-Effekt einzufügen.

Der Effekt ist beeindruckend. Schießt man ein ganz normales Foto eines Menschen, kann man im Nachhinein im "Bearbeiten"-Menü einfach mittels eines Reglers eine Tiefenunschärfe hinzufügen. Die Stärke des Bokeh lässt sich dabei frei wählen. Mit wenig Aufwand entstehen so Bilder, die an Spiegelreflexkameras erinnern.

Ein großes Plus dabei: Anders als bei den weiter verfügbaren klassischen Porträt-Aufnahmen werden die so erstellten Bilder als Livefotos gespeichert. Man muss sich also nicht mehr entscheiden.

Auch bei Nachtaufnahmen legen die neuen iPhones zu. Im Vergleich zum iPhone 14 Pro sind Aufnahmen bei schlechtem Licht detaillierter, Farben werden besser eingefangen.

Die beste Neuerung bringt aber das iPhone 15 Pro Max: Als einziges der neuen Geräte bringt es eine sogenannte Prisma-Linse mit. Die spiegelt das Licht der Aufnahme viermal hin und her, bevor sie auf den Sensor trifft. Ein sich dreidimensional bewegender Stabilisator gleicht dabei bis zu 10.000 Mikroruckler der Hand aus, um das Bild zu stabilisieren. Die Größe des Systems erlaube es nur im Max-Modell, erklärt Apple.

Der Effekt ist schlicht beeindruckend. Selbst bei sehr schlechtem Licht kann das iPhone 15 Pro Max Details entfernterer Motive herausarbeiten, die mit anderen iPhones nicht darzustellen wären. Im Vergleich zu Periskop-Systemen mit 10x-Zoom, wie sie etwa Samsung schon länger anbietet, wirken die Bilder im ersten Eindruck stabiler. Hier können aber erst ausführliche Tests zeigen, ob Apple die kürzere Zoomlänge mit besserer Qualität wettmachen kann.

So gut sind Videos mit dem iPhone 15 Pro Max

Auch Filmaufnahmen profitieren stark von der Technik der neuen iPhones, berichtet Regisseur Erik Schmitt dem stern. Er filmte schon seinen Kinofilm "Cleo" teilweise auf dem iPhone, begeistert immer wieder mit kreativen Kurzclips Millionen Nutzer:innen bei Tiktok und Instagram. Er konnte das iPhone 15 Pro Max ebenfalls schon ausprobieren – und ist begeistert.

"Mich hat vor allem die Frage beschäftigt: Könnte ich mit diesem Gerät theoretisch einen Kinofilm drehen, ohne merkliche Abstriche bei der Qualität machen zu müssen", berichtet Schmitt. "Da waren die letzten iPhones schon sehr nah dran. Ich würde behaupten: Jetzt wird es möglich."

Aus Schmitts Sicht spielen mehrere der neuen Features zusammen. "Vor allem, weil man eine externe Festplatte direkt anschließen kann und dadurch viel höhere Datenraten und eine entsprechende Videoqualität möglich sind. Hier hat das iPhone 15 Pro einen gewaltigen Schritt gemacht. Ich bin nach einem ersten Test sehr optimistisch, dass das auch auf einer Kinoleinwand hervorragend aussieht."

Auch der neue Zoom überzeugt ihn. "Das wälzt nicht alles um, aber man hat auf einen Schlag eine größere Range an Möglichkeiten. Dass Apple eine 120mm-Linse mit einer solch wahnsinnigen Technik in ein so kleines Gerät bekommt, ist bemerkenswert."

Für seine Tiktok-Clips schätzt er wiederum die Aktionstaste. "Die hat mir auf Anhieb gefallen. Ich habe mir Video darauf gelegt. Wenn ich das iPhone aus der Tasche hole und dabei den Button drücke – dann kann ich schon beim ersten Blick darauf sofort anfangen zu filmen. Perfekt für eine spontane Situation, oder für Social Media Clips."

Auf eine der spannendsten Neuerungen müssen die Nutzer aber noch warten. Mit den sogenannten Spatial Videos lassen sich mit den neuen iPhones dreidimensionale Aufnahmen aufzeichnen, die dann auf der im Mai vorgestellten Datenbrille Vision Pro (hier erfahren Sie, wie sie sich trägt) das Geschehene noch einmal erlebbar machen. Wohl weil die Brille aber erst nächstes Jahr erscheint, soll die Funktion erst später folgen.

"Das hat in meinen Augen das Potenzial, uns eine ganz neue Art des Filmemachens und des Erzählens in die Hand zu geben", fasst Schmitt seine Hoffnung auf die neue Technologie zusammen. "Man kann Geschichten direkt erlebbar machen. Das könnte so revolutionär werden wie die Erfindung des Farbfernsehens. Und man trägt es einfach in der Tasche." Ob es so zutrifft, wartet auch er gespannt ab.

Schnell, schneller, iPhone

Angesichts solch revolutionärer Visionen geht fast unter, dass Apple auch im Unterbau der neuen Pro-Modelle einiges zu bieten hat. Der neue Chip wird erstmals als "Pro", genauer A17 Pro bezeichnet. Als erster Prozessor im 3-Nanometer-Verfahren gefertigt, bietet er eine für die kleine Größe enorme Rechenleistung. Tatsächlich erreicht der Chip in Testprogrammen wie Geekbench oder 3D Mark nahezu die Leistung von Apples M1-Chip – der eigentlich für Notebooks entwickelt wurde.

In der Praxis bringt das neben schnelleren Berechnungen etwa von Fotos oder Videos vor allem in einem Punkt einen Vorteil: iPhone 15 Pro und Pro Max können erstmals aktuelle Konsolenspiele wie "Resident Evil: Village" oder das kommende "Assassins Creed Mirage" abspielen – inklusive des rechenaufwändigen Ray Tracings. "Resident Evil" läuft in einer Testversion bereits sehr flüssig und sieht dabei hervorragend aus. Zusammen mit einem Controller werden die Telefone so plötzlich zu einer mobilen Spielkonsole.

Die Akkuleistung leidet nicht unter dem leichteren Design: Die neuen iPhones halten locker den ganzen Tag durch, beim iPhone 15 Pro Max ist je nach Nutzung sogar ein zweiter kompletter Tag drin. Die Ladegeschwindigkeit hat sich durch USB-C nicht verändert, auch das kabellose Laden wie Magsafe funktioniert weiter wie bisher.

Viele Verbesserungen im Detail

Weitere kleinere technische Neuerungen gibt es bei der Datenverbindung: Als erste iPhones unterstützen die neuen Geräte die modernen Standards Wifi 6E und Thread. Dank eines neuen Ultrabreitband-Chips lassen sich iPhones in "Wo ist" nun noch genauer orten. Besitzt man eine der neuen Apple Watches, kann man die iPhone 15 nicht mehr nur anpingen, sondern sich sogar zum genauen Ort des Gerätes führen lassen.

Schade: Die neue "Roadside assistance" genannte Funktion ist zunächst nur für die USA angekündigt. Sie erlaubt es, eine Panne auch ohne Mobilfunkverbindung zu melden. Das erinnert an das letztes Jahr vorgestellte Satelliten-SOS (hier erfahren Sie, wie gut das funktioniert), statt eines Rettungsteams kommt aber ein Mechaniker.

Runter mit den Preisen

Eine für den deutschen Markt erfreuliche Änderung gab es übrigens bei den Preisen. Das iPhone 15 Pro kostet mit 1199 Euro Einstiegspreis 100 Euro weniger als sein Vorgänger. Beim iPhone 15 Pro Max bleibt der Preis mit 1449 Euro zwar gleich, dafür gibt es nun mit 256 GB im Einsteigermodell aber die doppelte Speichergröße.

Fazit: Alles auf Max

Mit den neuen iPhone 15 Pro und iPhone 15 Pro Max wertet Apple seine Spitzen-iPhones noch einmal deutlich auf. Der neue Look wirkt enorm edel, durch den Titanrahmen sind die Geräte noch einmal leichter geworden. Trotzdem strotzen sie vor starker Technik. Der A17 Pro bietet Leistung satt, macht das iPhone sogar plötzlich zur Spielkonsole. Die überarbeite Kamera kann mit tollen neuen Features wie dem automatischen Porträtmodus und Qualitativ noch hochwertigeren Videos überzeugen. Zusammen mit den neuen Preisen sind iPhone 15 Pro und iPhone 15 Pro Max damit die attraktivsten Pro-Modelle der letzten Jahre.

Etwas schade ist, dass der tolle Fünffachzoom nur dem großen Modell vorbehalten ist. Wer das kleinere iPhone schätzt, muss nun für sich abwägen, was persönlich wichtiger ist.

Ob man das alles braucht, hängt sehr von der eigenen Nutzung ab. Auch die beiden Basismodelle des iPhone 15 haben einen ordentlichen Sprung gemacht, sind ebenfalls günstiger geworden. Angesichts der noch einmal besseren Technik, des schicken neuen Designs und der starken Kameras ist der Aufpreis zu den Pro-Modellen aber durchaus angemessen.

 

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